Carbon Capture and Storage (CSS)

Carbon Capture and Storage (CSS)

Die Klimaschädliche Scheinlösung

erschienen im Parents-Newsletter #43 (September 2025)

Klimaschädliches Kohlendioxid dauerhaft im Untergrund speichern: Das klingt nach einer idealen Lösung – ist es aber nicht. Mit der Speicherung von CO2 tief unten im Boden verspricht Wirtschaftsministerin Katherina Reiche, die von ihr geplanten neuen Erdgaskraftwerke klimaneutral betreiben zu können: ein leeres Versprechen.

say no to CCSBei der CCS-Technik wird CO2 aus Industrieabgasen mit hohem Chemie- und Energieaufwand ausgewaschen (Carbon Capture) und verflüssigt. Es wird dann durch Pipelines oder per Schiff transportiert und unter dem Boden der Nordsee oder an Land mit hohem Druck verpresst (Storage). Die CCS-Technik wird in vielerlei Hinsicht kritisch gesehen: Das betrifft den CCS-Prozess selbst, den Klimaschutzeffekt, die klimaschädlichen Nebeneffekte und die erheblichen Kapitalkosten.

Pläne der Bundesregierung

Wirtschaftsministerin Reiche setzt in ihrer Energiepolitik verstärkt auf Gaskraftwerke und braucht dafür die CCS-Technologie: „Wenn wir auf dem Gaspfad sind, dann braucht‘s CCS, um das Thema Klimaneutralität voranzubringen.“ (Reiche, BDI-Kongress) Dafür wird gerade das CCS-Gesetz novelliert, damit CCS zukünftig im industriellen Maßstab eingesetzt werden kann. Der vorgesehene Anwendungsbereich umfasst keinesfalls nur „nicht vermeidbare Emissionen“. Außer dem Einsatz für Kohlekraftwerke ist alles erlaubt, insbesondere auch der Einsatz bei Stahl, Chemie und Gaskraftwerken. Aktuell geht es vor allem um den Bau der Transportinfrastruktur, also von CO2-Pipelines und Werftanlagen für die Verschiffung. CO2-Pipelines sollen dabei ein „überragendes öffentliches Interesse“ zugesprochen bekommen.

CCS is fossil fuel fantasy Großteil der Klimagase nicht erfasst

CCS kann nur die CO2-Emissionen abfangen, die bei dem entsprechenden industriellen Prozess entstehen. Klimaschädliche Belastungen in der Vorkette können nicht ausgeglichen werden. Das betrifft insbesondere die geplante Energieerzeugung mit Erdgas, das bei Produktion, Lagerung und Transport erhebliche Mengen an sehr klimaschädlichem Methan verliert. Diese Verluste können nur vermieden werden, wenn auf den Erdgaseinsatz verzichtet wird. Zudem ist die Abscheidung von CO2 aus den Abgasen von Industrieprozessen keineswegs so vollständig, wie vielfach suggeriert: Etwa 10 bis 30 Prozent des CO2 können nicht eingefangen werden, belasten also weiterhin das Klima. Außerdem ist der Prozess mit einem hohen Energieeinsatz verbunden. Das bedeutet z. B. für Gaskraftwerke, dass zusätzliches Erdgas eingesetzt werden muss, mit den bereits erwähnten klimaschädlichen Auswirkungen in der Vorkette.

Behinderung des Transformationsprozesses

Der Einsatz der CCS-Technologie, so wie er von der Bundesregierung propagiert wird, behindert massiv den Transformationsprozess hin zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise: Durch den Bau zahlreicher neuer Gaskraftwerke werden Fehlanreize geschaffen anstatt die erneuerbaren Energien auszubauen und alternative Lösungen zur Sicherung der Netzstabilität und zur Energieversorgung in Dunkelflauten zu finden. Dass all diese Gaskraftwerke bis 2045 mithilfe der CCS-Technologie klimaneutral wirtschaften werden, ist ein leeres Versprechen. Entweder werden dann die Klimaziele vollständig aufgeweicht und die Gaskraftwerke weiter betrieben oder die Investitionen in die Gasinfrastruktur erweisen sich als teure Fehlinvestitionen („stranded investments“). Der Einsatz der CCS-Technologie gefährdet zudem die Wasserstoff- Ausbaupläne und damit die Dekarbonisierung bestimmter Industriezweige, beispielsweise der Stahlindustrie, die auf grünen Wasserstoff angewiesen sind, weil auf CCS statt auf CO2-Vermeidung gesetzt wird. CCS führt zu einem erhöhten Ausstoß an Klimagasen und zum Fortbestand der Abhängigkeit von Öl- und Gaslieferungen aus autokratisch regierten Staaten.

CCS ist FeenstaubInteressen und Alternativen

Ein großes Interesse an der „Scheinlösung“ CCS hat die Gasindustrie, prominent vertreten durch Lobbyistin und Wirtschaftsministerin Reiche. Die Gasindustrie kann so noch lange große Mengen fossilen Gases verkaufen. Doch auch die Betreiber von CCS-Anlagen haben kein Interesse an einer Beschränkung des CCS-Einsatzes auf die Industrie. Mit einer Ausweitung auf die Energieerzeugung steigt die Rentabilität ihrer Investitionen in die Transportinfrastruktur.

Statt auf die CCS-Technologie zu setzen müssen diejenigen Lösungen umgesetzt werden, die von Beginn an auf Vermeidung von Klimagasen setzen: Die erneuerbaren Energien müssen zügig ausgebaut werden. Die Netzstabilität und Versorgungssicherheit (Stichwort „Dunkelflauten“) muss mit Speicherkonzepten (Batteriespeicher, Umbau der Biogasanlagen etc.) und mit der Flexibilisierung von Energieangebot und -nachfrage gesichert werden. Bis hier die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind, können die bestehenden Kohlekraftwerke in die Reserve genommen werden – allemal besser als neue Gaskraftwerke zu bauen. CCS muss auf die wenigen Bereiche beschränkt bleiben, die wirklich nicht dekarbonisiert werden können.

Betrug am Klimaschutz

Hans-Josef Fell zitiert in seinem Newsletter Mark Jacobson, Professor an der Stanford University in Kalifornien, der hinsichtlich der verschiedenen Technologien zur CO2-Abscheidung von Betrug spricht. Jacobson hat Anfang 2025 eine Studie veröffentlicht, in der die sozialen Kosten von CO2-Abscheidung und direkter Luftabscheidung mit denen der Umstellung auf erneuerbare Energien verglichen wurden. Ergebnis: Die sozialen Kosten von CCS und Co waren in 149 Ländern neun- bis zwölfmal so hoch wie die der Nutzung erneuerbarer Energien. Sie „erhöhen den CO2-Ausstoß, die Luftverschmutzung, den Abbau fossiler Brennstoffe, die fossile Infrastruktur, die Pipelines, die Energiekosten, die Gesundheitskosten, die Klimakosten und die gesamten sozialen Kosten. Es gibt keinerlei Vorteile.“

Wolfgang Schöllhammer
OG Mainz

CCS und Co: ein Überblick

Was steckt hinter den Kürzeln vieler angeblich klimafreundlicher Technologien?

  • CC: „Carbon Capture“, CO2-Abscheidung aus fossilen Verbrennungsprozessen
  • CCS: „Carbon Capture and Storage“, CC und deren sichere Deponierung in geologischen Formationen
  • CCU: „Carbon Capture and Utilisation“, CC und ihre Verwendung in neuen Materialien
  • Blauer Wasserstoff: Wasserstoff reformiert aus Erdgas, Erdöl oder Kohle mit angeschlossener CCS
  • DAC: „Direct Air Capture“, direkte Abscheidung von CO2 aus der Atmosphäre
  • DACCS: „Direct Air Capture and Carbon Storage“, DAC mit anschließender Deponierung des CO2
  • E-Fuels: künstliche Kraftstoffe, die durch DAC oder CC erzeugt werden sollen
  • BECCS: „Bioenergy Carbon Capture Storage“, CO2-Abscheidung aus Bioenergie

 

Weitere Informationen:

 

Carbon Capture and Storage: Warum ist der Glaube an diese „Negativemission“ so gefährlich?