COP 30 gescheitert - und nun?

COP 30 gescheitert - und nun?

Wie der Klimaschutz trotzdem vorangebracht werden kann

erschienen im Parents-Newsletter #45 (Dezember 2025)

Emission Gap Report 2025​Es gibt nichts zu beschönigen. Die Erderhitzung führt bereits heute vor allem in den ärmsten Ländern zu katastrophalen Ereignissen: „Südostasien steht unter Wasser“ titelte der „Stern“ am 2. Dezember einen Bericht über die massiven Regenfälle und ihre Folgen in Indonesien, Thailand, Malaysia und Sri Lanka; die taz berichtete von Anzeichen, dass der Amazonas-Regenwald kippt – und das bei einer Erhitzung von aktuell 1,5 Grad. Wie wird es aussehen, wenn die Welt im Jahr 2100 2,8 Grad erreichen sollte, die im Emissions Gap Report 2025 der UN für den Fall prognostiziert wurden, dass die weltweiten Klimaanstrengungen nicht verstärkt werden? Vor diesem Hintergrund sind die Ergebnisse der COP 30 in Belém enttäuschend. Die Abschlusserklärung enthält keinen verpflichtenden Fahrplan zur Abkehr von Kohle, Öl und Gas, auch ein Fahrplan zum Schutz der Wälder ist dort nicht zu finden.

Wir wollen im Folgenden zeigen, welche positiven Ansätze dennoch in der Abschlusserklärung der COP 30 zu finden sind, vor allem aber wollen wir Entwicklungstendenzen und Ansatzpunkte außerhalb der COP in den Blick nehmen, die uns in unseren Klimaschutzaktivitäten unterstützen könnten. Das betrifft Abkommen und Projekte außerhalb der COP, Betrachtungen zu günstigen Klimapfaden und technische Entwicklungen bei PV und Windkraft, die wir jeweils in eigenen Stories darstellen. Überlegungen zu Risiken und Chancen möglicher wirtschaftlicher Entwicklungen und zu Fragen der Klimagerechtigkeit runden diesen Beitrag ab.

Ergebnisse der COP 30

Warum sind die Ergebnisse der COP 30 so mager? Natürlich spielt die Blockade der Länder eine Rolle, die vom Export fossiler Brennstoffe abhängig sind, sowie die Lobbymacht der reichlich vertretenen fossilen Industrie. Doch auch die EU hatte sich schon im Vorfeld des Gipfels als Klima-Vorreiter unglaubwürdig gemacht, weil sie ihr Klimaziel – insbesondere wegen deutscher Vorbehalte – viel zu spät verabschiedet und darüber hinaus mit geschwächten Klimaschutz-Maßnahmen erkauft hatte. Mehr noch: Jonas Waack sieht einen zentralen Grund des Scheiterns darin, dass „die EU … in Belém die Erzählung nicht entkräften [konnte], nur Ehrgeiz zu fordern, um die eigenen Geldversprechen herunterverhandeln zu können.“

Enthalten in der Abschlusserklärung ist hingegen ein Bezug zu einer Einigung aus Dubai: Auf dem Klimagipfel vor zwei Jahren (COP28) hatten sich die Länder darauf verständigt, bis 2030 erneuerbare Energien zu verdreifachen und Energieeffizienz zu verdoppeln. Diese Abmachung gilt also unverändert. Neu beschlossen wurde, einen Mechanismus für eine gerechte Energiewende zu schaffen: Nach Annabella Rosemberg vom Climate Action Network soll eine Beratungsstelle eingerichtet werden, bei der verschiedene Initiativen – von Arbeiter*innen, Kommunen, Indigenen – nach Unterstützung fragen können. Sie erhalten Zugang zu Erfahrung und Wissen anderer Initiativen und Länder und Hilfe dabei, Gelder aus vorhandenen Fonds abzurufen.

Bei der COP 30 traten die Gräben zwischen den unterschiedlichen Länder- und Interessengruppen deutlich zu Tage mit der Folge, dass verstärkt nach Lösungen außerhalb der COP-Konferenzen gesucht wird. Die zentralen Themen, die nicht den Eingang in das Abschlussdokument gefunden haben, werden in neu gegründeten Formaten weiterverfolgt, in Verhandlungskreisen, in denen nicht das Einstimmigkeitsprinzip gilt und Bremser die Entwicklung nicht aufhalten können (siehe Story „Abkommen und Projekte außerhalb der COP“).

Wirtschaft: Chancen und Risiken

Sich mit vollem Elan für den Klimaschutz zu engagieren, macht auch nach Überschreiten der 1,5-Grad-Schwelle absolut Sinn. Es macht einen riesigen Unterschied, ob wir mit der Erderhitzung bei 1,7 Grad landen (siehe Story „Der 1,7-Grad-Pfad“) oder bei 2,8 Grad. Die Technik für eine Transformation – insbesondere die günstige Erzeugung regenerativer Energie (siehe Story „Weltweit stürmisches Wachstum bei PV und Windkraft“) – ist vorhanden oder in greifbarer Nähe und sie ist wirtschaftlich die günstigste Lösung.

Endenergieverbrauch nach Energieträgern und Sektoren im Jahr 2023

Gefordert ist an erster Stelle die Politik, die eine Roadmap zur Abkehr von Kohle, Öl und Gas sowie zum Ausstieg aus fossilen Subventionen aufstellen muss und das über alle Sektoren hinweg. Erfolgt in Deutschland kein schneller Umstieg auf nachhaltiges Wirtschaften, droht hierzulande laut Hans-Josef Fell eine „schnelle Deindustrialisierung“. Europa verspielt zusehends seine Führungsrolle an China, wie jüngst zwei Untersuchungen der „Boston Consulting Group“ und des Kopernikus Ariadne-Projekts ergeben haben. Nimmt die Politik jedoch die Herausforderung an und kommuniziert notwendige Maßnahmen entsprechend ihrer Wählerschaft, werden Maßnahmen zur Transformation nachvollziehbar und akzeptabel.

Volksrepublik China
Quelle: pixabay

Die Strategie der Vergangenheit, die Transformation vor allem über Marktmechanismen zu steuern, greift nicht, wenn hohe Anfangsinvestitionen erforderlich sind. China hat das früh erkannt und gezielt neue Technologien subventioniert, mit der Folge, dass Deutschland beispielsweise Anfang der 2010er-Jahre seine Marktführerschaft in der Photovoltaik an China verloren hat. Das Setzen auf Marktmechanismen birgt noch eine weitere Gefahr: Sie ist per se erst einmal unsozial: CO2-Abgaben beispielsweise verteuern Heizen und Mobilität, was vor allem Haushalte mit niedrigen Einkommen zu spüren bekommen. Bei Klimaschutzmaßnahmen darf deshalb nie nur auf die Klimawirkung geschaut werden, immer muss auch der Wohlstand für alle gesichert werden – beispielsweise durch die Einführung eines Klimageldes.

Klimakrise: Eine Krise der Ungerechtigkeit

„Wer denkt, die Klimakrise sei nur eine Aneinanderreihung klimaphysikalischer Ereignisse, irrt. Sie ist eine Krise der Ungleichheit und Ungerechtigkeit.“ Das betont FFF-Sprecherin Carla Reemtsma in einem Gastbeitrag für die taz. In einer Welt zunehmender Ungleichheit sind vor allem diejenigen von den Klimafolgen betroffen, die am wenigsten zur Klimakrise beitragen. Und die Klima- und Umweltzerstörung verschärft massiv die Ungleichheiten. Die Klimabewegung darf deshalb die Klimakrise nicht nur als physikalisches Problem begreifen. Klimaschutz impliziert gesellschaftliche Veränderungen, „an deren Ende nicht Klimaschutz um jeden Preis steht, sondern ein gutes und sicheres Leben für alle“. Die Klimabewegung muss „die Frage nach sozialer Gerechtigkeit und gesellschaftlicher Verbesserung in den Mittelpunkt stellen.“

Auf die Folgen der wachsenden gesellschaftlichen Ungleichheit weist auch Transformationsforscherin Maja Göpel in einem Interview für die Tagesschau hin. Die reichsten und mächtigsten Akteure auf der Welt nehmen „das Versprechen des 20. Jahrhunderts vom Tisch …, dass wir nach zwei Weltkriegen so zusammenarbeiten, dass alle Menschen auf diesem Planeten einen sicheren Ort zum Leben … finden sollen.“ Göpel fordert, dass wir uns diesen Akteuren entgegenstellen und ihnen verdeutlichen, dass wir an dem Versprechen festhalten wollen.

Wolfgang Schöllhammer
Newsletter-Team

 

Story: Abkommen und Projekte ausserhalb der COP

Die Enttäuschung über die Ergebnisse der COP 30 war groß. Zentrale Themen (Fossil-Ausstieg, Waldschutz) wurden nicht in die Abschlusserklärung aufgenommen. Das befeuerte die Diskussion über den Sinn solcher Großveranstaltungen, zumal hier das Konsensprinzip herrscht, das Fossil-Lobbyisten 1995 durchgesetzt hatten. Ottmar Edenhofer vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) plädiert in Interviews im Deutschlandfunk und der Tagesschau für eine Abkehr vom Mehrheitsprinzip und setzt auf kleinere Koalitionen von Ländern, die so belastbare Schritte in die richtige Richtung tun können. Auch im Rahmen der COP 30 – aber außerhalb des Abschlussdokuments – hat die brasilianische Regierung viele internationale freiwillige Klimaschutzinitiativen organisiert und 117 Pläne in verschiedenen Bereichen vergleich- und messbar gemacht (Quelle: taz).

Wald
Quelle: pixabay

Nicht ins Abschlussdokument aufgenommen wurde ein Fahrplan zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen, der von einer breiten Mehrheit gefordert, aber von einer kleinen fossilen Gruppe verhindert wurde. Stattdessen wurde die „Belém-Erklärung für den Ausstieg aus den Fossilen“ initiiert und letztlich von 83 Ländern unterstützt. Um den Fossilausstieg voranzutreiben hat Kolumbien – selbst großer Kohleexporteur – gemeinsam mit den Niederlanden für den 28. und 29. April 2026 zu einer Regierungskonferenz eingeladen. Die Pazifikstaaten haben sich zudem verpflichtet, ein weiteres Treffen zum Fossilausstieg in der Region einzuberufen, um die Ergebnisse voranzutreiben. (Quelle: Fossil Fuel Non-Proliferation Treaty Initiative)

Ein weiteres Thema, das es nicht ins Dokument geschafft hat, ist ein Fahrplan für den Schutz von Wäldern. Mit dem von Brasiliens Präsident Lula gestarteten Tropenfonds (Tropical Forest Forever Facility, TFFF) gibt es gemeinsam mit einem anderen internationalen Waldschutz- Mechanismus, dem REDD+, die Chance, die Entwaldung – so wie 2021 beim Glasgow- Gipfel vereinbart – bis 2030 noch zu stoppen. (Quelle: Tagesschau)

 

Story: Der 1,7-Grad-Pfad

Die Erde steuert bei Fortsetzung der aktuellen Politik auf eine Erhitzung gegenüber dem vorindustriellen Niveau von ca. 2,8° C bis 2100 hin. Die Prognosen vor dem Pariser Klimaschutzabkommen ließen sogar eine Erhitzung um 3,6° C erwarten. Doch auch 2,8° C sind alles andere als beruhigend.

Mit der Umsetzung von drei der wichtigsten Beschlüsse der COP28 aus dem Jahre 2023 wäre eine Begrenzung der Erderhitzung auf ca. 1,7° C möglich (siehe Abb.). Zu dem Ergebnis kommt eine Kurzanalyse des Climate Action Trackers vom November 2025. Folgende drei Maßnahmen müssten bis 2030 ergriffen und mit starken Maßnahmen fortgesetzt werden:

Energie und Methan Ziele
Abb.: Temperaturentwicklung bei Verfolgung der Energie- und Methanziele der COP28; Quelle: ClimateAction Tracker
  • Verdreifachung erneuerbarer Energien
  • Verdopplung der Energieeffizienz
  • Reduzierung von Methan

Die Kurzanalyse bricht die notwendigen Maßnahmen auf diverse Staaten und Staatengruppen herunter. Die EU müsste gegenüber ihren aktuellen Reduktionsplänen den Treibhausgasausstoß um weitere 30 % reduzieren. Dazu müssten folgende Maßnahmen ergriffen werden (S. 27 f):

  • Erneuerbare Energien: Verdreifachung der Kapazität der Erneuerbaren von 667 GW in 2023 auf 1.955 GW in 2035. Dadurch würde der Anteil der Erneuerbaren in der Stromproduktion von 42 % in 2023 auf 89 % in 2035 anwachsen.
  • Effizienz: Steigerung der Energieeffizienz um jährlich 4 % statt aktuell um 2,8 %. Der Stromanteil am Gesamtenergieverbrauch würde dabei von 20 % in 2019 auf 37 % in 2035 steigen. Wesentliche Umstellungsbereiche sind die Elektrifizierung von Verkehr und Industrie, Gebäudesanierungen sowie ein Wärmepumpen-Rollout. Weitere Effizienzgewinne bringt eine zusätzliche Elektrifizierung in weiteren Sektoren.
  • Methan: Reduktion der Methan-Emissionen um 35 % bis 2035, insbesondere durch Vermeidung von Methan-Leckagen im Energiesektor und Reduktionen im Agrarsektor.

 

Story: Weltweit stürmisches Wachstum bei PV und Windkraft

„Das Tempo des Klimaschutzes überholt das der Verhandlungen“ resümiert Thomas Waack am 7.11.25 in der taz bei Betrachtung des stürmischen Ausbaus von PV- und Windkraftleistung weltweit. Vorangetrieben wird diese Entwicklung vor allem von China, das die Kapazitäten im Inland massiv ausbaut und zugleich die Welt vor allem mit günstigen Solarmodulen versorgt. Der Ausbau von PV und Windkraft in China war in 2024 mit 360 GW ein Vielfaches höher als der Ausbau in der EU. Die chinesischen Investitionen in Kohlekraftwerke betragen in diesem Jahr mit 54 Mrd. US-Dollar nicht mal mehr ein Zehntel der Investitionen in Erneuerbare (625 Mrd.).

Auch weltweit nehmen die Investitionen in Erneuerbare massiv zu. Pakistan beispielsweise hat 2024 Solarpaneelen mit einer Leistung von 16 Gigawatt importiert. Das entspricht in etwa dem Zubau in Deutschland, obwohl Pakistan nur ein Drittel so viel Strom verbraucht. Initiiert wurde diese Entwicklung durch die hohen Gaspreise zu Beginn des Krieges in der Ukraine bei gleichzeitig niedrigen Kosten für PV-Module.

Auch in Deutschland hat der Zubau von PV und Windkraft wieder zugelegt. Diese Entwicklung ist allerdings gefährdet durch die geplante Bevorzugung von Gaskraftwerken durch die Merz-Regierung. Der Absatz von Wärmepumpen zieht nach Angabe des Bundesverbandes Wärmepumpe (BWP) ebenfalls an: Für 2025 wird der Verkauf von gut 300.000 Stück erwartet. Für 2026 hat der BWP zwei Szenarien erstellt: Im „Bau-Szenario“, bei dem die politischen Entscheidungen stabil gehalten werden, was auch einen Erhalt der Heizungsregelungen aus dem GEG beinhaltet, steigt der Absatz auf 410.000 Geräte. Im „Klima- Szenario“ könnten sogar 530.000 Geräte abgesetzt werden. Dies setzt voraus, dass zusätzlich zu stabilen Rahmenbedingungen vor allem Maßnahmen zur weiteren Verbesserung des Verhältnisses von Strom- zu Gaspreis ergriffen würden – unter anderem die versprochene Senkung der Stromsteuer.