ARCHITECTS FOR FUTURE

BÜNDNISPARTNER VORGESTELLT: ARCHITECTS FOR FUTURE

erschienen im Parents-Newsletter #23 (Dezember 2022)

Architects for FutureDer Bau und Betrieb von Gebäuden ist verantwortlich für ca. 40 % der CO2-Emissionen, das ist mehr als jeder andere Sektor. Außerdem werden hier 90 % der mineralischen, nicht nachwachsenden Rohstoffe verbraucht und gleichzeitig mehr als die Hälfte des Abfallaufkommens in Deutschland verursacht. Der Bausektor hat also ein immenses Klima- und Ressourcenproblem. Wer die Klima- und Energiewende will, kommt an der Bauwende nicht vorbei. Und dabei spielen die Architects for Future eine immer größere Rolle. Jörg Weißenborn hat sich mit der Sprecherin Elisabeth Broermann unterhalten.

Frage: Wie sind die Architects entstanden und was macht Ihr konkret?

Antwort: Wir Architects for Future sind in der Baubranche beschäftigt und setzen uns hier für einen nachhaltigen Wandel ein. Wir sind Architekt:innen, Ingenieur:innen, Handwerker:innen und Entwickler:innen.

Gegründet wurden wir 2019 von drei befreundeten Architekturabsolvent: innen, die nachhaltiges Bauen endlich auch in die Breite der Branche tragen wollten. Um der wachsenden Bewegung eine rechtliche Basis zu geben, gründete sich 2020 der gemeinnützige Verein Architects for Future Deutschland e. V. Wir arbeiten ehrenamtlich, stehen solidarisch zu Fridays for Future und fordern die Einhaltung der Ziele des Pariser Klimaabkommens. Wir sind international, überparteilich, autonom und demokratisch organisiert. Wir richten uns sowohl an die Baubranche als auch an die gesamte Gesellschaft, Wirtschaft und Politik, um kooperativ zukunftsfähige Lösungen zu erarbeiten und einen nachhaltigen Wandel in die Wege zu leiten. Gemeinsam setzen wir uns für eine lebenswerte Zukunft ein, die aktiv und positiv durch die Baubranche bereichert und gestaltet wird.

Frage: Wie seid Ihr organisiert? Also gibt es Ortsgruppen o. Ä.? Und pflegt Ihr Kooperationen?

Antwort: Unsere Arbeit teilt sich grob in drei Bereiche: Netzwerk, Wissensvermittlung und Öffentlichkeitsarbeit (siehe unten).

 

Architects for Future
Foto @ Luisa Ropelato

 

Frage: Was waren Eure schönsten oder spannendsten Projekte bisher?

Antwort: Mit unserer Bundestagspetition „Bauwende JETZT!“ haben wir Anfang 2021 die Aufmerksamkeit für unser Thema in den Medien und der breiten Öffentlichkeit deutlich erhöht. Mit einer starken Social-Media-Kampagne haben wir fast 60.000 Mitzeichnungen erhalten und damit das notwendige Quorum für die öffentliche Anhörung im Petitionsausschuss des Bundestages erreicht. Wir konnten unsere Forderungen also persönlich vorstellen, damit die gesellschaftliche Relevanz verdeutlichen und den politischen Handlungsdruck erhöhen.

Im Juli 2021 haben wir einen Vorschlag zu einer Muster- UMBauordnung veröffentlicht und an die Bauminister: innenkonferenz der Länder geschickt. Hier schlagen wir konkrete Vereinfachungen und Standardisierungen für das Umbauen und das Bauen im Bestand vor, da hier die Schlüssel für die Klimaund Ressourcenhebel des Bausektors liegen. Wir sind seitdem mit dem Fachgremium der Bauminister: innenkonferenz im Austausch und die Muster-UMbauordnung wird inzwischen breit diskutiert und unterstützt.

Zum Jahreswechsel 2021/22 fuhren wir ein großes Crowdfunding – eigentlich, um den notwendigen Eigenkapitalanteil für eine EU-Förderung zu haben. Die bekamen wir leider nicht, können aber aktuell mit dem gesammelten Geld eine erste Geschäftsstelle aufbauen, in der ein kleines Teilzeit-Team die Ehrenamtlichen in verwaltungstechnischen Aufgaben unterstützt.

Im Sommer 2022 fand das erste Bauwende-Festival in Berlin statt. Drei Tage trafen sich rund 500 Interessierte zu Panel-Diskussionen und Workshops.

Frage: Was wünschst Du Dir für die nähere Zukunft?

Antwort: Vor allem, dass die Klimakrise als existentielle Krise verstanden und endlich entsprechend dringlich gehandelt wird.

Die Bauwende muss dabei als entscheidender Hebel für die Energie-, Ressourcen- und Klimawende betrachtet und die notwendigen Schritte müssen gemeinsam von allen Beteiligten gegangen werden. Es wäre toll, wenn sich dazu noch mehr Akteur:innen der Baubranche anschließen, denn das schaffen wir nur gemeinsam.

Frage: Was konkret könnte kurzfristig umgesetzt werden?

Antwort: Da fallen mir zwei Dinge ein. Zum einen müssen wir die sogenannten grauen Energien und Emissionen bei den Berechnungen zu nachhaltigen Gebäuden mit einbeziehen. Bisher schauen wir z. B. nur auf den Energieverbrauch während der Nutzungsphase. Die Energie und Emissionen, die schon bei der Baustoffherstellung, beim Transport oder dem Rückbau und der Entsorgung eines Gebäudes anfallen, werden gar nicht betrachtet. Dabei machen sie je nach Bauweise bis zu 50 % der gesamten Energiebilanz aus. Wir brauchen die Lebenszyklusbetrachtung, um wirklich nachhaltig bauen zu können.

Und zweitens brauchen wir dringend ein Abrissmoratorium, das wir zur Zeit bewerben. In Deutschland wird viel zu viel Gebäudebestand abgerissen, der noch gut weiter zu nutzen wäre. Im Gegensatz zu anderen Ländern benötigt man in Deutschland keine Abrissgenehmigung.

Frage: Wie kann man mit Euch in Kontakt treten und Euch unterstützen?

Elisabeth Broermann, Architects for FutureAntwort: Alle zwei Monate gibt es ein deutschlandweites Onboarding für den Einstieg und ein anschließendes Update mit allen aktuellen Aktionen der Bewegung. Das nächste findet am 24. Januar 2023 von 18:30 bis 20:30 Uhr statt. Infos, Zoomlink und weitere Kontaktdaten findet Ihr auf unserer Webseite (Architects for Future).

Wer sich bei uns engagieren möchte, kann sich einer Ortsgruppe anschließen und/oder sich an info[at]architects4future.de wenden, um Anschluss an eine Diskurs- oder Projektgruppe zu finden. Dafür muss man nicht unbedingt aus der Baubranche kommen. Da wir ein gemeinnütziger Verein sind, kann man uns auch als Fördermitglied oder mit einer Spende unterstützen.


NETZWERK

Über Ortsgruppen bieten wir eine Austauschplattform, auf der sich Interessierte vor Ort vernetzen und ihre Erfahrungen aus der Praxis untereinander teilen können. Hier finden Exkursionen oder lokale Aktionen statt. Inzwischen gibt es rund 45 Ortsgruppen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. International schließen sich mehr und mehr Gruppen an.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche Diskurs- und Projektgruppen, die sich der inhaltlichen Arbeit widmen. Sie tauschen sich zu speziellen Themen wie Stroh- und Lehmbau aus oder planen konkrete Aktionen wie die Stellungnahme zu einem Abrissvorhaben etc.

Wir sind Teil des For-Future-Bündnisses und versuchen, uns dort gut zu vernetzen und gegenseitig zu unterstützen. Außerdem pflegen wir regelmäßigen Austausch mit anderen Akteur:innen der Klimabewegung und Bauwende, wie GermanZero, der Deutschen Umwelthilfe, dem WWF, natureplus, mit Architektenkammern und Berufsverbänden oder auch mit der Deutschen Umwelthilfe, dem UBA und der dena.

WISSENSVERMITTLUNG

Innerhalb der Branche stehen wir natürlich für den Klimaaktivismus. Darüber hinaus wollen wir aber auch als Expert:innen aus der Praxis wahrgenommen werden, die faktenbasierte Statements und Forderungen liefern. Wir füttern unser Know-how aus dem Schwarmwissen vieler Kanäle. Dieses soll möglichst transparent geteilt und allen Interessierten zur Verfügung gestellt werden. Dafür haben wir z. B. eine Datenbank für Quellen und Berichte angelegt, bieten kostenlose Webinare über unseren Youtube-Kanal an und teilen Wissen über unsere Social-Media-Accounts.

ÖFFENTLICHKEITSARBEIT

Hier versuchen wir über verschiedene Wege, das Thema Bauwende innerhalb und außerhalb der Baubranche zur Sprache zu bringen. Über Social Media erreichen wir ca. 30.000 Menschen, wir führen viele Interviews mit verschiedenen Medien, melden uns bei Podien und Konferenzen zu Wort, schreiben Beiträge für Bücher und Magazine, sprechen in Podcasts oder verfassen offene Briefe an die Politik.

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