Großdemo 14.1.2023

35000 Menschen demonstrieren dafür,  dass die Kohle unter Lützerath im Boden bleibtGroßdemo in Lützerath: Die Zerstörung Lützeraths - fatal für unser aller Zukunft!

[14.1.2023] Danke an alle, dass ihr heute in Lützerath wart und wir alle gemeinsam deutlich gemacht haben: Lützerath muss bleiben! Die Kohle muss im Boden bleiben, wenn wir allen Kindern eine lebenswerte Zukunft auf diesem Planeten ermöglichen wollen. Trotz Matsch und Regen haben sich heute 35.000 Menschen aus ganz Deutschland und international auf den Weg gemacht und damit ein starkes zivilgesellgeschaflliches Zeichen gesetzt! Die Demo an sich war friedlich. Wir müssen endlich raus aus den fossilen Energien und wir müssen uns an das Pariser Klimaschutzabkommen halten. Diesen Vertrag hat auch Deutschland unterschrieben!

Welche intelligente Spezies zerstört ihren Lebensraum?

Wollt ihr noch mal alle Informationen zu Lützerath auf einen Blick?

Health for Future

Eine Übersicht, warum es nicht notwendig ist, die Kohle unter Lützerath abzubaggern, und warum es, wenn wir die Kohle dennoch abbauen und nutzen würden, das 1.5 Grad-Limit sprengt, findet ihr hier: https:/fffutu.re/luetzerath. Auch die diesbezüglichen Studien haben wir euch verlinkt und es gibt ebenfalls eine englische Übersetzung.

Trotz Regen und starkem Wind waren wir 35000 Menschen, die für unsere Zukunft demonstriert haben.

Einige Eindrücke, Redeausschnitte und der ganzen Rede von Greta Thunberg:

Noch einmal DANKE an alle,die mit uns gezeigt habt: Lützerath muss bleiben. Ihr seid großartig!

Diese Zerstörung muss aufhören - keep it in the ground

 

For Future Bündnis auf der Demo

 

Auf der Heimreise
Heimreise - Der Busfahrer hatte uns gebeten die Schuhe im Gang zu lassen…

 


Bericht der Parents for Future Tübingen und Reutlingen vom der Großdemo für Lützerath am 14.1.2023

Parents for Future Tübingen und Reutlingen und der BUND Neckar-Alb sind mit einer Gruppe mit dem Zug zur Großdemo bei Lützerath gefahren. Wir sind überwältig von den 35.000 Menschen die sich aus ganz Deutschland mit uns auf den Weg dieser friedlichen Demo mit vielen Familien und Jugendlichen gemacht haben. Schon im Zug konnten wir viele Menschen treffen, die wir sonst nur per Handy oder Video kennen. Ab Erkelenz war die Hinfahrt super per Shuttlebus organisiert. Vor Ort kamen noch viel mehr Menschen dazu und die Demo verlief durch Keyenberg und über parallele Feldwege und Straßen, zum Teil auch auf einem Weg entlang der Tagebaukante zum Kundgebungsort. Der Demozug war sicherlich 3 km lang, so dass die Schätzung von 35.000 Menschen wohl eher zu niedrig sein dürfte.

Keyenberg

in Keyenberg

Parentstreffen

Am Ortsausgang von Keyenberg haben wir uns mit einigen Parents aus anderen Ortsgruppen zum gemeinsamen Foto getroffen und viele zum ersten Mal live gesehen.     

Kundgebung

Bei der Kundgebung herrschte eine friedliche und hoffnungsvolle Stimmung, trotz peitschendem Wind und Regen. Bei der Kundgebung hat uns insbesondere die Rede von Greta Thunberg und einem Redner aus dem globalen Süden beeindruckt. 

Wir haben auf der Demo kaum Polizisten gesehen. Die Polizisten, die wir in der Nähe der Abbaukante gesehen haben, haben nur ihr Fahrzeug bewacht. Sie haben uns jedoch nicht darauf hingewiesen, dass wir nicht an die Abbaukante gehen dürfen. Dort waren bereits viele Menschen. Da wir gerne auch in den Tagebau schauen wollten, sind wir ebenfalls für ein Foto dorthin und dann zurück zur Kundgebung. Wir haben weder ein Verbotsschild noch einen Zaun gesehen und haben erst im Nachgang erfahren, dass das wohl nicht zulässig war. Bei näherer Betrachtung ist es jedoch sehr irritierend, dass es keinen Zaun mit Stacheldraht um den Tagebau zur Verkehrssicherheit der Bevölkerung gibt - sofern die Begehung tastsächlich so gefährlich war. Denn wir alle haben ein freies Betretungsrecht der Landschaft nach Naturschutzrecht. So könnten auch spielende Kinder aus dem Dorf in den Tagebau geraten und sich verletzen. 

Von  Ausschreitungen und Polizeigewalt haben wir bis auf Feuerwerkskörper am Horizont zu Lützerath nichts mitbekommen. Wir verurteilen, dass viele friedliche Aktivisten von der Polizei verletzt oder schwerverletzt wurden. Dieser Polizeieinsatz war aus unserer Sicht nicht verhältnismäßig. Wir sind sehr entsetzt darüber, dass diese Auseinandersetzung jetzt die Medienberichterstattung dominieren. Wir sind überzeugt, dass es Tausenden gestern wie uns erging und können das Fokussieren der Medien auf die Gewaltszenen nur auf Schärfste kritisieren. Online- und Fernseh Medien werden leider von Zuschauerzahlen, Clicks und Views dominiert, was zwangsläufig dazu führt, dass Gewaltszenen in den Vordergrund gerückt werden, um Aufmerksamkeit zu generieren. Wir sehen dabei die große Gefahr, dass die gesamte im Kern friedliche Klimagerechtigkeitsbewegung weiter kriminalisiert wird und damit ein Vorwand geschaffen wird, sich mit den Anliegen nicht beschäftigen zu müssen.

Hangkante

Auch wenn wir einen langen Tag hatten, war es für uns ein wichtiger und erlebnisreicher Tag und wir hoffen sehr, dass dies auch den verantwortlichen Politiker*innen deutlich gemacht hat, dass in Lützerath nicht nur ein kleines Dorf, sondern die 1,5 Grad-Grenze und die Zukunft von uns und unseren Kindern abgebaggert werden soll.

Wir hoffen deshalb sehr, dass es trotz allem bald ein Moratorium für die Kohle unter Lützerath gibt, damit: LÜTZI BLEIBT!!!

 

PM Teil 1

PM Teil 2

Hier einige Einzelstimmen 

Verena Ludewig, Deli P4F Reutlingen:

Zu acht fuhren wir mit dem Zug zur Großdemo nach Keyenberg. Wir erlebten dort verschiedene Facetten einer Demo: Unglaublich schlechtes Wetter mit Kundgebung im Matsch und peitschendem Wind und trotzdem eine schier nicht enden wollende Masse an Menschen, die kamen, um ihre Solidarität mit den Aktivisti vor Ort zu zeigen und gegen den Abbau von Lützerath zu demonstrieren. Die Reden waren beeindruckend, insgesamt war die Stimmung sehr positiv, wenn man sich im Kundgebungsbereich aufhielt, und es lohnt sich, die Alternativen zu bewundern, die die Aktivisti gebaut haben. Auf der Rückfahrt entsetzten uns mediale Berichterstattungen, wie überfordert die Polizei mit den radikalen Klimaaktivisten gewesen sei und dass Lebensgefahr an der Kante bestanden hätte. Außerdem stimmten die Zahlen in keiner Weise überein, so wurde von „Tausenden“ geschrieben, es waren laut Veranstalter 35.000 Teilnehmer*innen.

Mich veranlasste dieses Framing und auch besorgte Nachfragen aus dem Bekanntenkreis, einen Erfahrungsbericht über den 14.1. zu schreiben, und ich habe dafür einige Stimmen aufgelistet. Sie stehen stellvertretend für viele Personen, mit denen wir während und nach der Demo sprachen.

1. Fabienne Schlegel, P4F Reutlingen:

Als 68-Jährige mit leichten Mobilitätsproblemen bin ich nach Lützerath gefahren, um den Kampf der mutigen Aktivisti gegen die verheerende, von unserer Politik mitgetragene Umweltzerstörung persönlich zu unterstützen. Ich war Demoteilnehmerin und habe kaum Polizeipräsenz wahrgenommen. Umso geschockter war ich, als ich im Zug die Videos anschaute, die nur wenige 100 Meter neben uns ein massives Polizeiaufgebot zeigten, die gewaltvoll auf vorwiegend friedlich Demonstrierende einschlugen und deutlich sichtbar Verletzungen zufügten.

Gelesen und gehört habe ich von einem Polizeiauto mit zerstochenen Reifen und zertretenem Rückspiegel, aber von mittel- bis schweren Verletzungen habe ich nur Berichte gehört/gelesen, die lediglich ungeschützte Demonstrierende beschreiben. Von ernsthaft verletzten Polizist*innen habe ich nichts erfahren … die Helme mit Visieren, Schlagstöcke, Pfefferspray, Wasserwerfer, Hunde und Pferde als Ausrüstung schützen offenbar.

2. Matthias Theurer, Deli PfF Tübingen:

Ich habe gestern bei Lützerath eine friedliche Demo erlebt mit vielen Familien und Jugendlichen, die sich für eine klimagerechte Zukunft engagieren. Der Zug war sicherlich über 3km lang, dicht gedrängt, so dass die Schätzung von 35.000 Menschen wohl eher zu niedrig sein dürfte. Am Ende des Demozugs war es möglich, ungehindert zur Abbruchkante des Tagebaus zu gehen, kein Schild hat darauf hingewiesen, wo ein Betretungsverbot besteht, Polizisten haben das Geschehen ruhig und freundlich beobachtet. Auch später bei der Kundgebung herrschte eine friedliche und hoffnungsvolle Stimmung bei den Demonstrierenden.

Von den gewalttätigen Ausschreitungen habe ich bis auf Feuerwerkskörper am Horizont zu Lützerath nichts mitbekommen und bin sehr entsetzt darüber, dass diese Bilder jetzt die Medienberichterstattung dominieren. Ich bin überzeugt, dass es Tausenden gestern wie mir erging, und kann das Fokussieren der Medien auf die Gewaltszenen nur auf Schärfste kritisieren. Dabei sehe ich die große Gefahr, dass die gesamte, im Kern friedliche Klimagerechtigkeitsbewegung weiter kriminalisiert wird und damit ein Vorwand geschaffen wird, sich mit den eigentlichen Anliegen nicht beschäftigen zu müssen.

3. Tanja Leinweber, Deli PfF Tübingen:

Ich habe auf der Demo kaum Polizisten gesehen. Die Polizisten, die ich in der Nähe der Abbaukante gesehen habe, bewachten nur ihr Fahrzeug. Sie wiesen uns jedoch nicht darauf hin, dass wir nicht an die Abbaukante gehen dürfen. Dort waren bereits viele Menschen. Da wir gerne auch in den Tagebau schauen wollten, sind wir ebenfalls für ein Foto dorthin und dann zurück zur Kundgebung. Wir sahen weder ein Verbotsschild noch einen Zaun und erfuhren erst im Nachgang, dass dort Lebensgefahr herrsche. Bei näherer Betrachtung ist es jedoch sehr irritierend, dass es keinen Zaun mit Stacheldraht um den Tagebau zur Verkehrssicherheit der Bevölkerung gibt – sofern die Begehung tatsächlich so gefährlich war. Denn wir alle haben ein freies Betretungsrecht der Landschaft nach Naturschutzrecht. So könnten auch spielende Kinder aus dem Dorf in den Tagebau geraten und sich verletzen.

4. Angela Patka und Florian Klebs, PfF Reutlingen:

Es wird in den Medien viel zu wenig die überwiegend friedliche Natur der Proteste beachtet. Der Demonstrationszug verlief – obwohl er viel größer war, als von allen gedacht – friedlich und wir haben trotz der dramatischen Situation bei vielen einfach eine Freude gespürt, dabei zu sein, dass so viele gekommen sind, um zu zeigen: „Climatejustice now und Kohlestopp!“ Wir haben Menschen mit Kindern gesehen, es wurde getanzt und Musik gemacht. Das kommt in der Berichterstattung viel zu kurz.

5. Vertreterin des BUND, Tübingen:

Ich beobachtete von einem Hügel aus, wie Polizeitrupps immer wieder auf friedliche Menschengruppen außerhalb Lützeraths zustürmten, um sie zu vertreiben, dabei auch Menschen umstießen. Mit Entsetzen stellte ich fest, dass die Sanitäter*innen, die hinter dem Hügel eine provisorische Notaufnahme eingerichtet hatten, durch eine immer größere Anzahl an Menschen mit Kopf-, Arm- usw. Verletzungen an ihre Grenzen kamen, während wir alle hofften, dass die Rettungswagen endlich eintreffen. Diese kamen nur sehr langsam durch die Reihen der Demonstrierenden.

6. Carsten Nitschke, PfF Oldenburger Münsterland:

Seit dem Danni verfolge ich Räumungen der Strukturen von Besetzungen. Sowohl im Danni, im Garni oder wie jetzt aktuell im Lützi, liegen Welten zwischen der Berichterstattung in den etablierten Medien und der Realität. Oftmals wird dort nur eine PM der Polizei abgeschrieben. Die Realität zeigt aber, gut dokumentiert, hunderte Übergriffe der Polizei gegen friedliche Demonstranten. Gewalt von beiden Seiten ist deutlich abzulehnen.

Diese Eskalation führt aber nicht zur Einschüchterung, im Gegenteil, es werden immer mehr Menschen, die sich auf der Grundlage des Grundgesetzes für Klimaschutz persönlich einsetzen. Und das immer professioneller und sehr gut vorbereitet. Wenn die Polizei den Pfad der Eskalation nicht sofort verlässt, droht die soziale Spaltung.

7. Ulla Köberle-Lang, PfF Ravensburg:

Ich konnte leider nicht zur Großdemo und verfolgte gestern von früh bis spät nachts Live-Ticker der Klimabewegung und zum großen Teil Ticker von WDR, ARD und ZDF. Dabei begegneten mir meine Kritikpunkte an der Berichterstattung o.g. Medien: bewusste und gezielte Verfälschung von wahren Tatsachen. Denn zum einen stimmte die Größe der Demo nicht. Offensichtlich kam sämtliche Verkehrsinfrastruktur zum Erliegen angesichts dieser Menschenmengen. Selbst die Polizei sprach von 15.000 Personen, die Veranstalter von 35.000. Die ARD sprach in der Tagesschau dann von nur „mehreren Tausend“.

Dann gibt es eine Fokussierung auf die Frage der Gewalt statt auf die Fakten, derentwegen demonstriert bzw. protestiert wird. Die Not, die Motivation der Demonstrierenden und die Fakten, die sie betonen, die medial und gesellschaftlich unterrepräsentiert sind, finden keine Erwähnung. Aber deswegen wird ja DEMONSTRIERT.

Außerdem driften die Bildaussagen der Videos und der mündlichen Berichterstattung auseinander: Immer wieder wird berichtet über Gewalt – eigentlich von Seiten der Demonstranten: Pyrotechnik, Stein- oder Flaschenwürfe. Die Bildsprache ist größtenteils eine andere: Polizisten in schwerer Ausrüstung, dadurch geschützt vor obigen Angriffen. Auf der anderen Seite, dichtgedrängt, meistens schmal gebaute sehr junge Menschen, die einfach nur dastehen, abwarten, ausharren, aber keinerlei Anzeichen von kollektiver Gewalt zeigen. Unserer Erfahrung nach Idealisten, unermüdliche friedliche Ehrenamtliche, die versuchen, noch ein bisschen was von der Welt zu retten, wie ihre Eltern und Großeltern sie noch kannten.

Gewalttätige Demonstranten?

Wie kann man zu dieser eindeutigen Bildsprache, die ganz klar als Aggressoren die Polizei zeigt, so lügen oder auf solch wenig aussagekräftige Sätze reduzieren wie „kam es zu Gewalt“ oder „gab es vereinzelt Gerangel“. Ich bin verzweifelt und entsetzt über die Verdrehung der Realität.

8. Lotte C., Tübingen

Als wir ankamen, war schon alles voller Menschen, die trotz des extremen Schmuddelwetters, dem Matsch und der teils weiten Anreise gut gelaunt waren. Bus an Bus reihte sich die Straße entlang. Toll, so unfassbar viele Menschen, bei dem Wetter. Das zeigt, wie wichtig die Kohle unter Lützerath den Menschen ist. Wie wichtig es für die Menschen ist, dass sie dort bleibt. Die Polizei hielt sich im Hintergrund, nur die Abbruchkante wurde zu dem Zeitpunkt bewacht. Nach Polizeiangabe aus Sicherheitsgründen. Viele wollten gerne direkt zur Kante, einen Blick auf das Mordor Deutschlands erhaschen, und wurden abgewiesen. Zu dem Zeitpunkt reagierte der Polizist vor mir noch ganz ruhig und freundlich auf die verärgerten Kommentare der Demonstranten. Auch die Demo selbst sowie die Abschlusskundgebung verlief durchgehend absolut friedlich, von allen Seiten. Von Ausschreitungen und Gewalt habe ich bis auf Feuerwerkskörper in der Ferne erst durch Medienberichte bzw. den Newsticker erfahren.

Mich würde es sehr freuen, wenn sich durch Augenzeugenberichte die Sichtweisen der Bevölkerung wandeln. Es gibt keine Klima-RAF und ich finde es fatal, dass diejenigen diffamiert und bestraft werden, die sich für eine bessere Welt einsetzen, mehr als die, die sie zerstören!

In diesem Sinne: Danke an die mutigen Aktivisti weltweit und Lützi lebt!


Einige Stimmen aus dem Norden:

Christian Wöhrl, P4F Hamburg

Ein bisschen Anspannung war dabei, als wir uns gegen halb fünf Uhr früh am Busbahnhof trafen: Immerhin hatten einige aus unserer OG in der Vorwoche bei der Anreise nach Lützerath eine dreistündige Polizei-Aktion über sich ergehen lassen müssen. Diesmal ging aber alles reibungslos, und insgesamt 12 Busse aus Hamburg kamen rechtzeitig in der Nähe des Demo-Startpunkts an. Unser Parents- Grüppchen hatte vorher sogar noch Zeit für den Versuch, von einem Wall aus einen Blick auf den Tagebau zu werfen. Das scheiterte allerdings an Polizisten, die oben standen und konsequent alle Neugierigen gleich wieder runterscheuchten. Dann also noch ein bisschen Plauderei und Selfies mit der Münchner Parents-Delegation, bis der Demo-Zug losging. Zu dem Zeitpunkt war völlig unklar, wie viele Menschen heute vor Ort waren; sicher war nur, dass es viele sein mussten, denn ich konnte von meinem Platz im Zug aus zu keiner Zeit den Anfang oder das Ende des Lindwurms sehen.

Bei niedrigen Temperaturen, Dauerregen und beißendem Wind bewegte sich die Demo extrem langsam vorwärts, nur bei gelegentlicher „Hoch mit dem Klimaschutz, runter mit der Kohle“-Gymnastik war etwas Aufwärmen drin. Trotzdem empfand ich die Stimmung durchweg als gut; Menschen aller Altersgruppen gaben ein buntes, friedliches und freundliches Bild ab.

Bis wir in die Nähe des Demo-Endpunkts kamen, war es auch schon wieder Zeit, an den Rückweg zu denken, da das durch die Ruhezeiten unserer Busfahrer vorgegeben war und wir noch ca. 5 km zum Treffpunkt zu laufen hatten. Von den Tumulten, die zu dem Zeitpunkt wohl schon im Gange waren, war in unserem Teil der Demo generell nichts zu hören oder zu sehen, das haben wir nur durch besorgte Messenger-Rückfragen aus dem Heimathafen mitbekommen.

Allerdings habe ich von weitem die Rede von Peter Donatus hören können und war mir in dem Moment schon unsicher, ob es eine gute Idee sei, relativ unverblümt zum Barrikadensturm aufzurufen … Trotzdem kommt es mir im Rückblick so vor, als sei der riesige friedliche Teil unserer Demonstration medial wieder einmal weitgehend ignoriert worden, was ich enorm schade finde – weil so natürlich nicht über unser Anliegen geredet wird, sondern über Marginalien, mit denen es sich prima vom eigentlichen Thema ablenken lässt.

Ergänzend ist mir noch wichtig, dass sich die Kritik am Lützerath-Deal nicht wie zuletzt primär auf die Grünen fokussieren sollte: Unser eigentlicher Kritikpunkt sollte der Kohleabbau per se sein, egal von welcher Partei der nun durchgewinkt wird. Deutschland hat sich im Paris-Abkommen völkerrechtlich verpflichtet, einen Beitrag zur Begrenzung der Erderwärmung zu leisten, und wenn wir die Kohle unter Lützerath noch verfeuern, dann werden wir vertragsbrüchig – das ist mittlerweile hinreichend belegt.

Monika Linek, P4F Hamburg

Ich war in dem besagten Bus am Samstag, den 8.1.2022, der unmittelbar nach der Anfahrt durch 10 Mannschaftswagen der Polizei gestoppt wurde und aus dem dann alle Personen polizeidienstlich erfasst wurden. Ich war und bin fassungs- und sprachlos und hatte das nicht mehr für möglich gehalten nach meinen Erfahrungen aus den 80er Jahren.

Ja, deswegen hatte ich überlegt, soll ich noch einmal 11 Stunden Busfahrt auf mich nehmen und werden wir in NRW evtl. erneut aufgehalten?

Ich bin froh, gefahren zu sein. Ich habe mich von meiner tollen Gruppe aus Hamburg getragen und umsorgt gefühlt und die Tausende von Menschen, die Wind und Regen und Schlamm getrotzt haben, haben mir Kraft gegeben, weiter dafür zu kämpfen, dass diese Kohle unter Lützerath nicht abgebaggert wird, dass wir endlich auf das CO2-Budget und nicht auf Jahreszahlen schauen und für eine klimagerechtere Welt eintreten.

Auch ich habe die Rede von Peter Donatus gehört und ich fühlte eher mit ihm. Er ist Nigerianer, hat in seinem Land gegen Shell gekämpft, ist gefoltert worden und hat aus dem Exil heraus das Movement for the Survival of the Ogoni People unterstützt und weiter gegen Shell gekämpft. Ich konnte gut verstehen, dass er sagte, „tut, was ihr tun müsst“, denn man hat den Eindruck, dass die großen Konzerne nicht auf unsere friedlichen Proteste hören. Das heißt nicht, dass ich für Gewalt bin!! Aber ich kann die Wut und Verzweiflung nachempfinden, die jemand empfindet, der aus einem Land kommt, das von den großen westlichen Konzernen zerstört wurde/wird und dann noch unter den Folgen der Klimakrise durch die fossilen Energien am meisten zu leiden hat.

Alles, was ich am Sonntag gesehen habe, waren viele, viele Menschen, die extra, so wie ich, viele Stunden Busfahrt auf sich genommen haben, um nach Lützerath zu kommen und zu sagen: Kein Schritt weiter. Erst auf dem Heimweg im Bus haben wir die Bilder auf den sozialen Medien gesehen von den Demonstranten, die sich Lützerath genähert haben und wie die Polizei vorgegangen ist. Sie, die Helme und gepanzerte Westen und dicke Hosen tragen, rennen in die Menge, sie knüppeln auf normale Menschen ein, schubsen sie um oder vor sich her. Die Bilder sind verstörend.

Es betrübt mich, dass ich nicht ganz viele Interviews heute in den Zeitungen gesehen habe aus der Gruppe der 30.000, sondern wieder nur die „sensationslüsternen“ Bilder über Steine werfende Demonstranten und evtl. mal auch über die Polizei.

Die Nachbereitung der Gewalt der Demonstration, aber auch des Abkommens mit RWE ist mir wichtig – lasst uns jetzt am Ball bleiben und noch mal schreiben, schreiben, … protestieren, die Medien anrufen, bei den Grünen mitdiskutieren, alle Parteien attackieren, da es keine gibt, die Klimaschutz so betreibt, dass das 1,5-Grad-Ziel eine Chance hat.

Alexandra T., P4F Hamburg:

Ich bin froh, nach Lützerath zur Demo gefahren zu sein! Trotz aller Widrigkeiten, Regen und Sturmböen wurde ich getragen von der Energie unserer Parents-Gruppe aus Hamburg, dem Online-Support sowie der Energie der vielen tausend Menschen vor Ort. Ich hatte nichts erwartet. Was sollten wir schon gegen Verträge und Deals zwischen der Regierung und RWE noch ausrichten können? Auch konnten wir durch unsere schiere Präsenz nicht die Räumung des Camps und die Zerstörung von Lützerath verhindern. Mir war auch klar, dass die Medien sich nicht auf die friedlichen Menschen und die übergeordnete Problematik fokussieren würden, sondern auf Besonderheiten oder Gewaltausbrüche warteten, um gute Bilder zu bekommen.

Trotzdem fand und finde ich es wichtig, sichtbar zu sein, Solidarität in Person mit der Klimagerechtigkeitsbewegung zu zeigen und mich im Geiste mit den Aktivisti und deren manchmal nicht legalen Aktionen zu verbinden.

Mich erschüttern die Berichterstattung und die kleinteilige Diskussion, wer wann und wie gewalttätig wurde. Neben Angst, Traurigkeit und Ohnmacht über die Ignoranz von den Regierenden und Entscheidern wächst eine unbändige Wut, die mich für kommende Demos und Aktionen antreibt. Aufgeben oder Stillstehen sind für mich keine Option!

Malte W., P4F Hamburg:

Ich habe mich schlecht gefühlt. Ich weiß nicht, was ich in Lützerath gemacht habe. Ich weiß nicht, worum es bei der Demonstration ging, außer dass alle irgendwie spüren, dass unsere Gesellschaft – schon viel zu lange – an ihre eigenen Grenzen stößt und stoßen muss. Die Krise, deren Ursache und ihre Auswirkungen werden von den Einzelnen und von der Gesellschaft nicht verstanden.

All das führt zu psychischer, zu Ausbrüchen von unmittelbarer verbaler und körperlicher Gewalt. Die Menschen wenden sich gegen die eigene Wirtschaft, gegen sich selbst. Sie wenden sich gegen die eigenen (politischen) Vertreter:innen und deren Organe, ohne dabei zu sehen, dass diese genau das tun, wofür sie von uns gewählt wurden. Dass wir alle ganz genauso handeln und denken. Der (politische) Wille und unsere Wirtschaft zwingen sie – zwingen uns so zu handeln, wie sie – wie wir es tun. Das ist die eigentliche Gewalt. Und davon ist auch die weitere Entwicklung vorherbestimmt.

Ich bin verzweifelt, da es keine kritische Distanz mehr zu den sich verschärfenden Konflikten gibt, aufgrund der Gleichgültigkeit, der Grausamkeit, der maßlosen Brutalität gegen andere und gegen uns selbst – gegen das Leben. Verzweifelt aufgrund der sich verhärtenden „Meinungen“, was es uns unmöglich macht, miteinander zu sprechen und darüber nachzudenken, was wir warum tun. Ich weiß nicht, wohin mit meinen Gedanken und Gefühlen, mit meiner Weigerung mitzumachen und dem Zwang, Teil von etwas zu sein, das ich als grundsätzlich falsch erkenne.

Zusammengefasst: Es ist das Eingeständnis des Scheiterns, der Hilflosigkeit, das uns etwas verstehen und innehalten lässt. Ohne dieses haben wir keine Aussicht, als Gesellschaft zu überleben.

JB, P4F Hamburg:

14.1.23 – Was für ein Irr-Sinn in jeder Hinsicht:

Irre, weil 11 Stunden Busfahrt zur Klima-Demo (jou, ein Diesel) für 4 Stunden Kälte, Nässe, Rumstehen zwischen Polizeiketten und nicht erlaubten Wegen, matschverschmierte Klamotten und triefende Nase, uniforme Gesänge gegenüber uniformierter Staatsgewalt, gegenseitiges Erfüllen von Erwartungshaltungen an den vermeintlichen Fronten, alle tun das, was sie meinen, tun zu müssen. Richtig irre: die Busparkplätze so weit vom Ort des Geschehens entfernt, dass möglichst viele von uns für die Kundgebung zu spät kommen und dafür gleich wieder los müssen, um noch wieder nach Hause kommen zu können. Ein Irrglaube, hier etwas unmittelbar bewirken zu können.

Und doch ergibt es Sinn:

Sinn, weil es nicht nur eine erschreckend reale und spürbare, menschengemachte Klimakrise gibt, sondern auch, weil wir Menschen offenbar solche Kontroversen und Auseinandersetzungen brauchen, um auch nur ansatzweise zu begreifen, wie wichtig es ist, über unseren jeweils eigenen Tellerrand hinausschauen zu können. Sinn, weil wir soziale Wesen sind, die einander brauchen, um durch Interaktion und Gemeinschaft zu neuen Perspektiven zu kommen. Sinn, weil nur so für eine breitere Öffentlichkeit wirklich sichtbar wird, dass es nicht um Klimaschutz für uns gehen kann, den „unsere Politik“ mehr oder weniger zielstrebig für uns organisiert, sondern um Klimagerechtigkeit für alle, die nur durch uns alle gemeinsam erreicht werden kann. Sinn, weil daraus entstehende Situationen – und auch Konfrontationen – präzise auf Schwachstellen unserer Gesellschaft und deren „Organisationsform“ hinweisen.

Was uns an solchen Tagen vermutlich eint, ist das untrügliche Gespür dafür, dass „irgendetwas nicht in Ordnung ist“ und daher Aktivismus (für mich im Sinne von „Teilhabe“) gefragt ist. Dass dies zu ganz unterschiedlichen Ausdrucksformen führt, halte ich für völlig klar und unvermeidlich, so unterschiedlich, wie wir Menschen nun einmal sind. Und ich denke, es muss zumindest erlaubt sein, die Frage zu stellen, wer oder was denn eigentlich festlegen kann und darf, wo hier Grenzen liegen. Das ist für viele kaum vorstellbar oder schwer zu ertragen, bedeutet aus meiner Sicht aber noch lange nicht Herrschaftslosigkeit und Chaos (wobei beides potenziell zu nachhaltigeren Ergebnissen führt als „schlecht gemachte“ und gedachte Regelsysteme).

Kurzum: Ich bin dankbar dafür, dass sich so ungeheuer viele Menschen am 14.1. nach Lützerath aufgemacht haben und damit ihre Haltung gezeigt und vielleicht auch ihre jeweilige Verunsicherung zugelassen und mit anderen geteilt haben. Insofern: Für mich ergibt es trotz – oder gerade wegen – aller Fragen Sinn, an solchen Aktionen teilzunehmen, auch wenn es manchmal vielleicht etwas irre ist …


Rund um die Demos um Lützerath

Die Gewalt bei den Demos rund um Lützerath war für den WDR Anlass für ein Interview mit dem Jurist und Polizeiwissenschaftler Thomas Feltes.

Feltes bezieht sich in seiner Aussage auf einige Videoausschnitte. Dazu sagt er: "Es gab meiner Ansicht nach aber einige Situationen, in denen Beamtinnen und Beamte die zulässigen Grenzen eindeutig überschritten haben".

Das Interview: WDR Gewalt-Vorwürfe nach Lützerath-Demo: Was darf die Polizei?


Lützi+++ Pressemitteilung der Parents for Future Germany und der Grandparents for Future Deutschland vom 14.01.2023

Stoppt die Gewalt gegen unsere Kinder und Enkelkinder in Lützerath!

Parents for Future Germany und Grandparents for Future Deutschland fordern den Polizeipräsidenten Aachen, Dirk Weinspach und die politisch Verantwortlichen, NRW Innenminister Reul, NRW Ministerpräsidenten Wüst und NRW Klimaschutzministerin Neubaur dazu auf, die Gewalt gegen friedliche Aktivisti in Lützerath sofort zu stoppen und die Arbeit der Journalist*innen und Sanitäter*innen nicht weiter zu behindern!


Lützi+++ Pressemitteilung der Parents for Future Germany vom 10.01.2023

Für eine faire Berichterstattung – gegen die Kriminalisierung klimabewegter Menschen

„Aktivisten stürmen Gelände und werfen Steine auf Polizei“, so titelt Zeit Online und der Spiegel schreibt: „Aktivisten bewerfen Polizisten und stürmen Veranstaltungsgelände“.

Viele Menschen aus den Ortsgruppen der Parents for Future waren am Sonntag zum Dorfspaziergang nach Lützerath angereist. Einige aus Hamburg mit großer Verspätung, weil sie durch eine dreistündige polizeiliche Maßnahme am Weiterreisen gehindert wurden.


Lützerath bleibt!

In Lützerath wird die 1,5 Grad-Grenze für Deutschland abgebaggert - das darf nicht sein für unsere Zukunft! 

Darum waren wir auf den Soli-Demos in Tübingen am 04. und 11.01.2023. Und darum fahren wir auch am 14.01.2023 nach Lützerath zur Demo um 12 Uhr dort (Infos siehe auch https://luetzerathlebt.info/). 

Wir starten am Samstag mit dem Zug um 4.56 Uhr, Ankunft Erkelenz 10 Uhr, von dort gibt es Pendelbusse, Rückfahrt ab Erkelenz 17.59 Uhr, Ankunft Tübingen 23:00 Uhr. Gerne könnt Ihr  auch spontan dazustoßen!

Außerdem findet Ihr Anreisemöglichkeiten  unter https://tickets.stuttgartforfuture.de/fff/luetzi-1401/ oder beim BUND https://www.bundjugend-bw.de/luetzi-bleibt (ganz aktuell noch zweie Busse gechartert) 

Demo2

 

demo 3

 

Vor dem Büro der Grünen in Tübingen

Demo 4

 


Großdemo in LützerathAufruf zur Demo für Kohleausstieg & Klimagerechtigkeit und gegen die Räumung von Lützerath

Wann?
Samstag den 14. Januar 2023 um 12 Uhr
Wo?
Wir sammeln uns in Keyenberg und ziehen ab 12 Uhr als Demozug von Keyenberg aus zur Hauptbühne auf einer Fläche an der L12 in der Nähe von Lützerath. Die eigentliche Kundgebung mit Programm wird dann dort ab 13:30 stattfinden.

Anreise?

Es gibt sehr viele Möglichkeiten zur gemeinsame Anreisen: Zur Übersicht über die gemeinsamen Anreisen

Wir brauchen die Kohle unter Lützerath NICHT für unsere Versorgungssicherheit, im Gegenteil. Wir dürfen sie nicht anrühren, wenn wir die 1,5 Grad-Grenze nicht überschreiten wollen.

Bei Alle Dörfer Bleiben sind einige Studien zur Abbaggerung von Lützerath verlinkt:

Mittlerweile zieht sich der Widerstand gegen die endgültige Zerstörung und das Auskohlen Lützeraths durch viele Organisationen, Gruppen und alle Bevölkerungsschichten. Alle fordern: Wir brauchen endlich einen ehrlichen und konsequenten Kohleausstieg!

So erklärt der Energieexperte von Greenpeace, Karsten Smid - und wir können uns ihm nur anschliessen: "Das symbolische Vorziehen des Kohleausstiegs auf das Jahr 2030 bringt nichts, solange sich nicht auch die Kohlemengen verringern."

In einem Offener Brief von 200 Prominente fordern diese den sofortigen Stopp der Räumung von Lützerath (Spiegel)

In einem Offener Brief fordern die Scientists for Future ein Moratorium für die Räumung von Lützerath

Eine weitere Aussage für den Erhalt von Lützerath - und damit die Einhaltung der Klimaziele Deutschlands - findet sich in der Erklärung des Solarfördervereins Deutschland e.V. und der mit ihm verbundene Organisationen. Dort ist zu lesen: "Die Räumung wäre ein fatales Signal für den Klimaschutz in Deutschland: die durch die Zerstörung von Lützerath ausbeutbaren Abermillionen Tonnen Braunkohle werden zu einer wesentlichen Verschärfung der Treibhausgas-Problematik beitragen – in einer Zeit, in der durch die Erderhitzung bereits die Fortexistenz der menschlichen Zivilisation auf dem Spiel steht. Für die Lösung der aktuellen Energieversorgungskrise werden diese Mengen keinesfalls gebraucht."

Es geht nicht nur um Lützerath, sondern auch darum, dass es ein Ende haben muss mit immer neuen Kompromissen, bei denen das Morgen von dem Heute geraubt wird. Nach einer langen Reihe von Kompromissen seit Jahrzehnten ist heute kein Raum für einen weiteren Kompromiss, der die Lasten in die Zukunft verschiebt.

Auch wir von Parents For Future unterstützen den Widerstand gegen die Überschreitung der 1,5 Grad-Grenze. Gemeinsam mit vielen Organisation rufen wir die Landesregierung NRW zum Erhalt von Lützerath auf - bei bundesweiten Aktionen und am 14.01. vor Ort am Tagebau Garzweiler. Bist Du auch dabei?

Weiter Information zur Demo für Lützerath, Kohleausstieg & Klimagerechtigkeit von Alle Dörfer Bleiben


Weitere Informationen zu Lützerath

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