LNG-Terminals

Versorgungssicherheit

Braucht Deutschland eigene LNG-Terminals?

von Wolfgang Schöllhammer, OG Mainz
erschienen im Newsletter #19 (Juni 2022)
Foto: Kees Torn/ Wikimedia Commons

Seit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ist die Versorgung Deutschlands mit Erdgas über LNG-Terminals ein zentraler Diskussionspunkt. In Europa gibt es aktuell 37 solcher Terminals, keines davon in Deutschland. Da zudem die Leitungskapazitäten zwischen den Staaten begrenzt sind, soll die Errichtung von schwimmenden und festen LNG-Terminals in beschleunigten Verfahren Abhilfe schaffen. Vier schwimmende Anlagen wurden bestellt, die erste ist bereits in Wilhelmshaven im Bau. Sie sollen ab 2025 durch feste Anlagen an Land ersetzt werden. Im Gespräch sind hier Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Stade. 

Doch wie vertragen sich neue LNG-Terminals mit dem vorgesehenen Ausstieg aus fossiler Energienutzung? Führt der Bau der entsprechenden Infrastruktur nicht unweigerlich zu einer Verlängerung  der Nutzung fossilen Erdgases oder zu Investitionsruinen? Werden die LNG-Terminals überhaupt benötigt?

Alternative: Stärkerer Ausbau der Erneuerbaren!

Eine neue Studie des auf Energiedaten spezialisierten Unternehmens Artelys kommt zu dem Ergebnis, dass EU-weit die Unabhängigkeit von russischem Erdgas fast ohne neue Infrastruktur möglich ist. Notwendig ist demnach lediglich ein einziges neues LNG-Terminal in Finnland. Ansonsten könnte das bisher aus Russland importierte Gas durch die bestehende LNG-Infrastruktur sowie durch Einsparungen und zusätzliche Investitionen in erneuerbare Energien kompensiert werden. Da es in diesem Fall keine Reserven gibt, hält die Studie zusätzliche Investitionen für erforderlich, die jedoch nicht in neue LNG-Terminals fließen sollten, sondern in den zusätzlichen Ausbau der erneuerbaren Energien. „Die neuen LNG-Terminal-Vorschläge, die derzeit in Deutschland, Italien und Polen vorangetrieben werden, stellen sich aus Sicht der Versorgungssicherheit als unnötig heraus“, heißt es in der Studie. Und auch finanziell würden sich die Investitionen wegen des sinkenden Gasbedarfs nicht rentieren.

Diese Position wird auch von Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) vertreten. Sie hält LNG-Terminals nur dort für sinnvoll, wo sie zeitnah für den Import grünen Wasserstoffs, den vor allem die Industrie benötigt, umgerüstet werden können. Dazu passt allerdings nicht das aktuelle LNG-Beschleunigungsgesetz der Bundesregierung, das eine Verwendung der Terminals für Erdgas bis 2043 erlaubt.