Give me moor

Erfahrungsbericht zu einer Bergwald-Projektwoche

Give me moor

erschienen im Parents-Newsletter #43 (September 2025)

Moorwiedervernässung
Foto: Bergwaldprojekt e. V.

Anfang 2024 war ich auf der Suche nach einer ehrenamtlichen Tätigkeit im Bereich Umwelt- und Naturschutz. Neben kurzweiligen Baumpflanz-Aktionen, bei denen ich einen Baum pflanzen konnte, wollte ich mehr. Mehr bewirken, mehr zurückgeben, mehrere Tage aktiv sein, mehr machen als das, was ich bis dahin machte. Nach kurzer Recherche meldete ich mich beim Bergwaldprojekt an und suchte mir eine Projektwoche im Oktober 2024 heraus. Moorwiedervernässung im Biosphärenreservat Rhön, genauer gesagt, im Schwarzen Moor der Bayerischen Rhön. Das klang nach dem Impact, den ich suchte.

In der Zeit bis zur Projektwoche fragte ich mich oft, wie es wohl ablaufen wird: so viele verschiedene Menschen mit ihren jeweiligen Hintergründen, Motivationen und Eigenheiten. Würden wir als Team gut zusammenarbeiten können?

Moorwiedervernässung
Foto: Bergwaldprojekt e. V.

Das Projekt startete, alle 15 Teilnehmenden wurden vom Team abgeholt. Die Stimmung am Bahnhof war freundlich – gespickt mit Neugier – und hatte etwas von einem Abenteuerausflug für Erwachsene. Nach dem Beziehen der Unterkunft und dem leckeren vegetarischen Abendessen wurden die Arbeitsschritte der Woche besprochen: Baustelle einrichten, Oberboden abtragen, Wasserhaltung betreiben, Baugrube anlegen, Bohlenbauwerk errichten, Dichtmaterial als Hinterfüllung einbringen, Bepflanzung. Klang plausibel.

Moorwiedervernässung
Foto: Bergwaldprojekt e. V.

Am nächsten Morgen ging es nach dem Frühstück um 7 Uhr los. Mit vollgepackten Schubkarren und Wiedehopfhauen auf den Schultern ging es zur Baustelle im Osten des Schwarzen Moores, einem Graben, der in der Vergangenheit der Entwässerung diente. Ziel der Projektwoche war es, eine punktuelle Grabenverfüllung inklusive eines Absperrbauwerkes herzustellen, das weit in die Böschungsschulter des Grabens hineinreicht. So soll sowohl die weitere Entwässerung des Moores verhindert als auch die Freisetzung von Kohlendioxid vermindert werden. Challenge accepted: Die Projektleiterin verteilte Arbeitspakete und ich war erstaunt darüber, wie gut jedes Team von Beginn an funktionierte.

Da der Graben Wasser führte, mussten wir am ersten Tag einen Damm vor der geplanten Baugrube errichten, um darin überhaupt arbeiten zu können. Mit Planen, Ästen, Boden und Steinen wurde der Damm errichtet und zeitgleich der Oberboden im Bereich der Baugrube abgetragen. Dann startete der Aushub. Schnell war klar, dass sich der Wasserfluss im Moor nicht einfach mit einem Damm in seine Schranken weisen ließ. Und so war knapp die Hälfte aller Teilnehmenden damit beschäftigt, öfters Wasser aus der Baugrube zu schöpfen. Je tiefer wir gruben, desto mehr und schneller floss das Wasser nach, wodurch die Eimerkette so wie Sisyphos immer länger beschäftigt war.

Moorwiedervernässung
Foto: Bergwaldprojekt e. V.

Wir errichteten noch weitere Dämme und schöpften am Ende des Tages noch einmal leer. Am zweiten Tag machte sich Ernüchterung breit, denn das Wasser stand in der Baugrube genauso hoch wie vor den Dämmen. Es hieß also wieder: Eimerkette und paralleles Ausheben der Baugrube. Währenddessen schnitt die Projektleiterin die Bohlen auf Länge. Andere bohrten Löcher in die zugeschnittenen Bohlen vor, damit sich diese leichter miteinander vernageln ließen. Die erste Bohle wurde platziert. Zuversicht machte sich breit. Es folgten weitere bis zum Feierabend und am Morgen des Folgetages jubelten wir, weil die Bohlen nicht überspült wurden.

Mit Enthusiasmus startete wieder die Eimerkette, damit als nächstes mit der Hinterfüllung aus Grassoden, Holzhackschnitzeln und Oberboden begonnen werden konnte. Wir drehten viele Runden beim Einstampfen der Hinterfüllung und wurden sogar von einer Kindergartengruppe dabei unterstützt. Am letzten Arbeitstag bepflanzten wir die Hinterfüllung mit Binsen, legten einen Lesesteinhaufen an und beräumten die Baustelle. Das Projektteam funktionierte wie ein Uhrwerk. Wir waren alle wie Zahnräder, das Bergwaldprojekt das Gehäuse, das uns zusammengebracht hat.

Moorwiedervernässung
Foto: Bergwaldprojekt e. V.

Dass alles wie geschmiert lief, war auch dem Küchenteam zu verdanken, dass das ganze Team über die Woche hin versorgte. Am Ende der Projektwoche fühlte ich mich trotz der anstrengenden Arbeit sehr wohl, aufgehoben und wertgeschätzt. Ich war so wirksam wie erhofft, habe viele neue Menschen kennengelernt und festgestellt, dass ich nicht allein bin beim Anpacken für eine bessere Welt. Ich empfinde es als großes Glück, was mir widerfahren ist, und bin gepackt von der Bergwaldprojektwoche. Und weil es mir so viel Freude bereitet hat und ich erlebt habe, wie viel mit ca. 18 Menschen in einer Woche schaffbar ist, habe ich mich für dieses Jahr gleich für zwei Projektwochen angemeldet – eine davon wieder im Schwarzen Moor. Mal schauen, wie unsere Bepflanzung nach einem Jahr aussieht.

Moorwiedervernässung
Foto: Bergwaldprojekt e. V.

 

Toni HofmannToni Hofmann,
Teilnehmer im Bergwaldprojekt

tl

Bergwaldprojekt e. V.

Das Bergwaldprojekt organisiert seit 35 Jahren Freiwilligeneinsätze im Wald, Moor und in Offenlandschaften. Dieses Jahr bringt der Verein mit seinen Einsatzwochen in Deutschland mehr als 5.000 Freiwillige in die Natur. Dazu finden 190 Projektwochen an gut 100 verschiedenen Standorten in allen Regionen Deutschlands statt. Ziele der Arbeitseinsätze sind, die Biodiversität und die vielfältigen Funktionen der Ökosysteme zu schützen, zu erhalten und wiederherzustellen, den Teilnehmer*innen die Bedeutung und die Gefährdung unserer natürlichen Lebensgrundlagen bewusst zu machen und die Gesellschaft zu einem naturverträglichen und sozial gerechten Umgang mit den begrenzten natürlichen Ressourcen zu bewegen. Mehr Infos und Anmeldung: Bergwaldprojekt.de.

 

Weitere Informationen

Bergwald-Projekt bei einer Moorwiedervernässung in Oestrich-Winkel