Forscher warnen: unfassbare drei Grad mehr bis 2050 möglich
Deutsche Küstenregionen aufgeben?
erschienen im Parents-Newsletter #44 (Oktober 2025)
„Fachleute fordern: Deutschland soll Küstenregionen an Nord- und Ostsee aufgeben.“ Mit dieser Titelzeile griff die Frankfurter Rundschau vor einigen Wochen eine der Forderungen aus dem gemeinsamen Klimaaufruf der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft (DMG) und der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) vom 25. September 2025 auf.
 DMG und DPG sehen deutliche Anzeichen, dass sich die Erderhitzung nicht verlangsamt, sondern sogar beschleunigt. Als mögliche Ursachen werden Rückkopplungseffekte durch das Auftauen des Permafrostbodens, der Schwund des Meereises und die Erwärmung der Ozeane, aber auch das zu zögerliche Agieren der politisch Verantwortlichen aufgeführt (Details im Klimaaufruf). In der Konsequenz könnte nach Ansicht der Forschenden bereits 2050 das Worst-Case-Szenario einer um drei Grad heißeren Welt erreicht werden. Nicht alle Expert*innen teilen dieses Szenario, aber der Feststellung, dass dringendes Handeln geboten sei, widerspricht niemand.
DMG und DPG sehen deutliche Anzeichen, dass sich die Erderhitzung nicht verlangsamt, sondern sogar beschleunigt. Als mögliche Ursachen werden Rückkopplungseffekte durch das Auftauen des Permafrostbodens, der Schwund des Meereises und die Erwärmung der Ozeane, aber auch das zu zögerliche Agieren der politisch Verantwortlichen aufgeführt (Details im Klimaaufruf). In der Konsequenz könnte nach Ansicht der Forschenden bereits 2050 das Worst-Case-Szenario einer um drei Grad heißeren Welt erreicht werden. Nicht alle Expert*innen teilen dieses Szenario, aber der Feststellung, dass dringendes Handeln geboten sei, widerspricht niemand.
Klimaanpassung hat ihre Grenzen
Angesichts der kurzen zeitlichen Perspektive fordern die Verfasser des Aufrufs, verstärkt über Klimaanpassungsmaßnahmen nachzudenken bis hin zu einer möglichen Aufgabe der Küstenregionen an Nord- und Ostsee. Doch auch mit Anpassungsmaßnahmen lassen sich die zu erwartenden Schäden für Wirtschaft, Gesundheit und Ernährung nur noch teilweise vermeiden. Zudem besteht ein hohes Risiko, dass in einigen Regionen der Welt die Grenzen der Bewohnbarkeit überschritten werden mit der Folge, dass Menschen diese Regionen verlassen müssen.
Politik und Gesellschaft in der Verantwortung
Gefordert wird eine schnelle und umfangreiche Transformation hin zu einer fossilfreien Energiewirtschaft: ein schneller Ausbau regenerativer Energieerzeugung, der Aufbau von Speichersystemen zum Ausgleich täglicher und jahreszeitlicher Schwankungen, flankiert von Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs. Praktisch alle gängigen Szenarien, die eine Erwärmung unter zwei Grad ermöglichen, setzen zudem eine gleichzeitige Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre voraus. Hier fo-
kussieren die Verfasser eher auf die natürliche Einlagerung und langfristige Speicherung von organischen Kohlenstoffverbindungen aus Biomasse als auf die direkte Entnahme und Speicherung von CO2 aus der Luft (DACCS).
DMG und DPG richten sich mit zehn Forderungen an alle politischen Akteurinnen und Akteure in Deutschland (siehe unten) und betonen zugleich die Verantwortung jedes Menschen, selbst zu einer lebenswerten Zukunft beizutragen, insbesondere durch Unterstützen und Einfordern der notwendigen Maßnahmen.
Kontroverse Diskussion in der Wissenschaft
Es gibt vielfältige Stellungnahmen von wissenschaftlicher Seite zum Klimaaufruf der DMG/DPG (Quellen: Tagesschau, taz, t-online). Vor allem halten viele die angenommene Beschleunigung der Erderhitzung für wissenschaftlich (noch) nicht genug abgesichert. „Eine tatsächliche Beschleunigung [wäre] keine Überraschung“, betont allerdings Klimaphysiker Dr. Helge Gößling. Von einigen Experten wird eine Orientierung an Worst-Case-Szenarien für alarmistisch und in der aktuellen Situation als nicht hilfreich angesehen. Bemängelt werden zudem in der Grafik „Globale Temperaturveränderung“ die Angaben für die Temperatur vor ca. 20.000 Jahren, da sie auf einem überholten Forschungsstand basieren. [Wir verwenden deshalb in diesem Beitrag eine korrigierte Version der Grafik, W.S.] In der Konsequenz sind sich jedoch alle Forschenden einig, dass eine Erhöhung der globalen Temperatur um drei Grad oder mehr – egal wann – kaum beherrschbar sein dürfte.

Aber es gibt noch eine Chance, die Entwicklung aufzuhalten. Die Klimaökonomin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung betont: „Jedes Zehntelgrad zählt.“ Für ARD-Meteorologe Karsten Schwanke ist die Aufgabe zwar „alles andere als ein Kinderspiel“ – „aber wir haben natürlich noch alle Möglichkeiten in der Hand“.
Wolfgang Schöllhammer
Newsletter-Team
5 WERKZEUGE GEGEN 3 GRAD MEHR
Manuel Kronenberg hat in der Treibhauspost #102 einen Werkzeugkasten zusammengestellt, damit du auf Nachrichten wie „Drei Grad mehr schon 2050“ weder mit Verdrängung noch mit Verzweiflung reagieren musst. Das Toolkit beinhaltet fünf Werkzeuge:
- eine Anti-Verdrängungs-Lupe
Sie einzusetzen kostet Überwindung: Mit der Lupe schaust du ganz genau hin. Der rote Knopf verwandelt abstrakte Zahlen in konkrete Bilder.- ein Resilienz-Kissen
Das Kissen ist eine Einladung deine Klimagefühle zuzulassen: Wut? Trauer? Überforderung?- einen großen Bilderrahmen
Der Rahmen für das „bigger picture“, damit du den Kontext nicht aus den Augen verlierst.- eine Taschenlampe
Sie bringt Licht ins Dunkel. Sie zeigt: Es passieren viele positive Dinge und du bist nicht allein.- ein Paar Schuhe
Schlüpfst du in sie hinein, kannst du dich in Deine Mitmenschen hineinversetzen, Empathie empfinden, Abstumpfung vermeiden.