BUND und SFV legen bei Klimaklagen nach
Schon 2024 hatten BUND und SFV gemeinsam eine Verfassungsbeschwerde gegen die Änderung des Klimaschutzgesetzes eingelegt. Da die neue Bundesregierung wenig Ambitionen beim Schutz der Lebensgrundlagen künftiger Generationen zeigt, haben BUND und SFV ihre Klage mit weiteren Argumenten untermauert.
Zuletzt bescheinigte der Expertenrat für Klimafragen (ERK) ihrem Koalitionsvertrag „keinen nennenswerten positiven Impuls“ zum Erreichen der Klimaziele. Wirtschaftsministerin Reiche meint, Klimaschutz sei überbetont worden und erwägt Klimaneutralität erst 2050 erreichen zu wollen und der bisher geplante Ausbau der Erneuerbaren Energien sei überzogen. Im Gebäudebereich sollen Standards abgebaut werden, im Verkehrsbereich werden Autobahnen gebaut. Und bei der Landnutzung soll das Renaturierungsgesetz auf EU-Ebene ausgebremst werden.
Dabei verkennt die Regierung, dass es beim Klimaschutz nicht um die formale Einhaltung der Klimaneutralität in ferner Zukunft geht. Auch die Einhaltung von einem Emissions-Restbudget reicht nicht. In einem Rechtsgutachten im Auftrag der CDU-nahen KlimaUnion wird festgestellt: Die Pflicht zum Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen (aus Artikel 20a GG) zielt „im Kern auf die Einhaltung einer Temperaturschwelle“ und letztlich auf „die Herstellung von Klimaneutralität." [1]
Allerdings ist die Einhaltung der Temperaturschwelle (deutlich unter 2 Grad, möglichst unter 1,5 Grad aus dem Pariser Klimaabkommen) kein Ziel um seiner selbst willen. Es geht darum die Lebensgrundlage zu erhalten - die ist allerdings schon heute immer häufiger und heftiger bedroht. Hier nur ein paar kürzlich öffentlich berichteten Folgen der Erderhitzung: Durch die Erderhitzung und Klimabedingten Konflikte sind schon heute 83 Millionen Menschen auf der Flucht [2]. Unwetter haben alleine Autoversicherern im vergangenen Jahr Gesamtkosten von rund 1,3 Milliarden Euro verursacht [3]. Der Permafrost in den Schweizer Alpen war noch nie so warm wie im hydrologischen Jahr 2024 [4]. Dies macht Katastrophen, wie das von Blatten, wahrscheinlicher.
Bei der Diskrepanz zwischen schon erlebbaren Gefährdungen der Lebensgrundlagen und der Ignoranz der Bundesregierung gegenüber der Dringlichkeit und den politischen Herausforderungen der gesellschaftlichen Transformation zur Klimaneutralität, ist es erfreulich, dass BUND und SFV mit ergänzendem Schriftsatz die Ambitionslosigkeit der Bundesregierung beim Klimaschutz rügen.
Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender: „Die jüngsten Entwicklungen zum Klimaschutz bestätigen leider unsere Befürchtungen. Auch die neue Bundesregierung bleibt gefährlich ambitionslos. Sie plant bisher keine ausreichenden Maßnahmen, um das Ruder beim Klimaschutz herumzureißen. Die deutschen Klimaziele werden verfehlt, das 1,5 Grad-Limit sowieso. Daher muss nun die Bundesregierung ein wirksames Klimaschutzprogramm noch in 2025 vorlegen.“
Susanne Jung, Geschäftsführerin SFV: "Die Klimakrise rast, doch Deutschland hinkt seinen eigenen, viel zu schwachen Klimazielen hinterher. Das ist ein ungeheuerliches Versagen! Ein Sondervermögen im Grundgesetz zu verankern, das zur Klimaneutralität bis 2045 eingesetzt werden kann, reicht nicht aus. Das Grundgesetz verpflichtet uns zum Schutz unserer Lebensgrundlagen, und das bedeutet JETZT HANDELN – und zwar deutlich schneller! Es ist unsere Pflicht, nicht nur für 2045, sondern für die unmittelbare Zukunft unserer Kinder und Enkel zu handeln. Wer das nicht erkennt, verspielt unsere Zukunft!" [5]
Auch Rechtsgutachten im Auftrag des WWF kritisieren, dass der Entwurf für die Errichtung des Sondervermögens den verfassungsrechtlichen Anforderungen und politischen Herausforderungen nicht gerecht werde [6]. Der vorliegende Vorschlag für die Änderung des Klima- und Transformationsfond-Gesetzes (KTFG) ist nicht ausreichend und birgt erhebliche Rechtsunsicherheiten [7]. Für den zu erstellenden Klimaschutzplan 2026 (KSP) ist der Bund daher aufgerufen, im Rahmen der Errichtung des Sondervermögens sowie bei der Ausgestaltung des KTFG eine hinreichende Mittelbereitstellung für den Klimaschutz und insbesondere für die Umsetzung eines rechtmäßigen KSP sicherzustellen [8].
Quellen:
- [1] Rote Linien des Rechts im Klimaschutz - Der rechtsverbindliche Rahmen für die deutsche Klimapolitik und das gerichtlich kontrollierbare Untermaß des Klimaschutzes, Rechtsgutachten von Prof. Dr. Christian Calliess und Prof. Dr. Gregor Kirchhof im Auftrag der KlimaUnion gGmbH
- [2] Klimawandel, Migration und Konflikt - Ursachen. Auswirkungen. Auswege. Eine Studie im Auftrag von Greenpeace e.V.
- [3] Spiegel-online 19.06.2025 Unwetter kosten Autoversicherungen 1,3 Milliarden Euro
- [4] Permafrost in den Schweizer Alpen: 2024 war ein weiteres Rekordjahr
- [5] Klimaklage: BUND und SFV legen bei Verfassungsbeschwerde nach
- [6] Eckpunkte für ein verfassungskonformes Errichtungsgesetz Sondervermögen Infrastruktur und Klimaschutz von Rechtsanwält:innen Dr. Roda Verheyen und Dr. Johannes Franke im Auftrag des WWF
- [7] Analyse zur Mittelverwendung über die EU-ETS-Richtlinie und Folgen für die Verwendung des Sondervermögens Infrastruktur und Klimaschutz von Rechtsanwält:innen Dr. Roda Verheyen und Dr. Johannes Franke im Auftrag des WWF
- [8] Kurzexpertise im Auftrag des WWF Deutschland: Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Finanzierung notwendiger Klimaschutzmaßnahmen und das kommende Klimaschutzprogramm von Rechtsanwält:innen Dr. Roda Verheyen und Dr. Johannes Franke im Auftrag des WWF